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Inspiration Mensch

30. Oktober 2023

Es war ein schöner Sommerabend, als wir mit Freunden in einer Bar verabredet waren. Ein Abend voller schöner Gespräche,

viel Lachen und gutem Essen. Irgendwann machten Christian und ich uns auf dem Weg zum Auto. Wir liefen durch eine kleine Gasse, als plötzlich mein Handy klingelte. Die Nummer, die ich sah, war nicht eingespeichert, aber ich wusste sofort, dass es ein ganz besonderer Mensch aus meinem Leben ist. Eine Nummer, die ich als Kind oft gewählt hatte…


Tatsächlich sind „Sie“ am Telefon. Mein Herz füllte sich mit Freude und gleichzeitig weckte es viele Erinnerungen. „Cora, bist du es? Ich freue mich so, dass du noch diese Nummer hast und ich dich jetzt erreiche.“ Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich gefreut hatte… Gerne höre ich Ihnen zu und Sie fangen an zu erzählen: „Cora, mir ist jetzt was Unglaubliches passiert. Ich hatte einen schweren Reitunfall, habe dann einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall erlitten. Lag lange Zeit im Koma. Jetzt kommt das Beste, als ich aus dem Krankenhaus kam, war mein Pferd verkauft. Ich mache jetzt noch ein Fahrsicherheitstraining, damit ich sicher unterwegs bin. Mein Handy ist gerade noch kaputt, aber wenn das repariert ist, dann komme ich dich besuchen. Ist das in Ordnung?“ „Natürlich können Sie mich besuchen kommen.“ Mein Gedanke in diesem Moment: Der ist noch genauso verrückt wie früher. Um die Geschichten ein bisschen besser zu verstehen, muss man wissen, am Ende der Leitung stand ein älterer Professor im Alter von 93 Jahren. Ein Mensch, der mich als Kind ein Stück begleitet hat und mir immer das Gefühl gegeben hat, wertvoll zu sein. Ich kann sagen, der an mich geglaubt hat.


Als ich aufgelegt hatte, fuhr ich mit Christian nach Hause. Kennt ihr diese Momente, die ganz viel Magie in sich haben? Wo man an so vieles denkt, an alte Zeiten..., versucht es in Worte zu fassen und es unglaublich viel ist. Ich sprang von Thema zu Thema, habe gelacht, war nachdenklich. Eben ein Abend voller Magie.


Es verging eine kurze Zeit und tatsächlich haben Sie den langen Weg von Köln bis zu mir in die Eifel mit 93 Jahren auf sich genommen und haben mich und meine Familie besucht. Mit einem roten alten Polo kommen Sie vorgefahren. Schlicht wie immer. Die Kinder spielen auf dem Hof und sofort kommen Sie mit Ihnen ins Gespräch. Ich gehe raus und werde begrüßt mit den Worten: „Als ich das Mädchen gesehen habe, wusste ich sofort, dass du hier wohnst. Die sieht genauso aus wie du vor 20 Jahren.“ Bepackt sind Sie mit zwei Fotoalben. Wir gehen rein und essen erst mal zu Abend. Es folgen Worte: „Wow, so ein tolles Haus, wie habt ihr das geschafft?“ Wir kommen ins Gespräch. Dann schauen Sie mich an und sagen: „Menschen, die es aus so einer familiären Situation so gut raus schaffen, erhalten meine höchste Anerkennung.“ Dieser Mensch war nie ein Mensch, der viel gelobt hat, aber diese Worte waren echt und haben mir viel bedeutet. Es gibt viel zu erzählen und Sie zeigen mir alte Bilder von mir und Pferden. Ich kannte diesen Mann, weil ich früher sein Pferd reiten durfte und irgendwann hatte er mir sogar dieses Pferd geschenkt. Ich frage: „Warum haben Sie mir damals dieses Pferd geschenkt? Ich bin heute endlos dankbar darüber, dass ich meine Zeit dort immer verbringen durfte. Ich denke, sonst wäre es echt eng für mich geworden.“ Sie sind der absolute Typ der Harmonie und immer gut überlegt in Ihren Antworten. Doch die Antwort kam sofort: „Cora, das habe ich genauso gesehen und deshalb habe ich so entschieden, also dir dieses Pferd zu schenken. Weißt du noch, wo wir bei der grauen Burg um einen Unterstellplatz verhandelt haben?“ Ein lächeln kommt über mein Gesicht. Wie könnte ich das nur vergessen? Jemand Fremdes, der sich als Kind so sehr für mich eingesetzt hat… Auf der einen Seite könnte ich weinen, weil früher vieles traurig war und auf der anderen Seite bin ich voller Freude. Heute trage ich Dankbarkeit in meinen Herzen, wenn ich an Sie zurückdenke. Sie haben mir das Gefühl gegeben, wertvoll zu sein und mir die nötige Stärke und Zuversicht vermittelt, immer weiter zu laufen. Sie sind überrascht von meinen Worten: „Cora, jetzt übertreibst du aber gerade mit deinen wohlwollenden Worten.“ Nein, keineswegs.


Es ist so schön, dass ich das Glück hatte, immer wieder tolle Wegbegleiter in meinem Leben zu haben und Sie einer davon waren. Das sind

meine Positiv-Anker und heute meine Sicherheit, dass ich nie „falsch“ war, sondern schon immer genau richtig und gut. Wissen Sie, wenn man so nach vorne läuft und alle anderen bleiben stehen, dann kommt man sich schon mal ganz schön komisch vor und das lässt

einen auch zweifeln. Ihr Perspektivwechsel hat mich darin bestärkt, dass es nicht falsch ist weiterzulaufen. Danke dafür!


Noch ein kleiner Anhang: :-)


Mittlerweile haben wir wieder regelmäßig Kontakt. Wir waren auch schon in Köln und er war noch mal hier. Gelegentlich telefonieren wir und ich finde den Austausch so inspirierend. Beim letzten Telefonat meinte er zu mir: "Cora, weißt du, ich bin schon alt geworden und du sprichst so schnell. All die jungen Leute sprechen so schnell. Warum ist das eigentlich so?" Ich überlege und antworte: "Vieles ist heute schnell geworden und irgendwie stresst uns das doch nur. Wir haben eine Idee und dann die nächste und manchmal vergessen wir einfach den Moment zu schätzen und zu lieben. Irgendwie verrückt ..." Dann erhalte ich die Antwort: "Wenn man doch so schnell spricht, müsste man doch eigentlich mehr Zeit für sich haben." Ja, stimmt, wie wahr. Ein schöner Gedanke, den ich auch gerne lebe und an den ich mich immer wieder erinnere. Er erzählte mir, dass er ja jeden Tag damit rechnen muss, irgendwann nicht mehr zu sein und deshalb reist er jetzt noch für ein paar Tage zu Freunden. Wenn er nicht am Reisen ist, geht er reiten auf seinem Pferd. Reiten, ein eigenes Pferd mit 93 Jahren ... Außergewöhnlich ..., wundervoll.

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